Einblicke in die Wunderkraft der Sprache
Wäre es nicht interessant, Sprache so ein zusetzen, dass das, was man sagt auch verstanden wird?
Zauber der Sprache
„Sein, das verstanden werden kann, sei Sprache“, schrieb Gadamer
Von der Sprache geht Macht aus. Es gibt den Zauber der Sprache, aber nur wenige Menschen verstehen es, sich des Zaubers zu bedienen. Zauberer sind mächtig: manche böse, manche gut.
Beherrschen Sie die Zauberer, bedeutet das, dass Sie einen Kontext erzeugen. Dieser ist eine Welt, in der Kommunikationspartner (bewusst oder unbewusst) mitspielen, diese Welt zu erzeugen. In dieser Welt entstehen wunderbare oder auch furchtbare Sachen. Stimmungen entstehen und verschwinden, Worte lösen Emotionen und Affekte aus und Worte können Menschen und Massen zu Handlungen bewegen.
..Aber Sprache dichtet und denkt nicht nur für mich, sie lenkt auch mein Gefühl, sie steuert mein ganzes seelisches Wesen, je selbstverständlicher, je unbewusster ich mich ihr überlasse. (LTI, Klemperer)
Giftwirkung der Sprache
Worte können sein wie winzige Arsendosen, sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da. (LTI)
Die „giftigen“ Worte sind selbstschöpferisch geprägt, diese Worte waren schon lange in der Sprache gebräuchlich. Aber die Giftmischer ändern die Wortwerte und Wortbedeutung, indem sie den Wortgebrauch in einen anderen Kontext stellen. So werden diese Wörter der Giftmischer Allgemeingut, durchtränken Worte, Wortgruppen und Satzformen mit ihrem Gift, was früher nur in einer kleinen Gruppe gebräuchlich war.
Enzensberger: Worte können tödlicher wirken als tausende von Maschinengewehren.
Allmacht
Was diese „giftige“ Sprache auszeichnet, ist die Eintönigkeit und Armut. Diese Einfachheit war aber gerade das Wirksächliche. Diese Worte verstreuten sich in alle Himmelsrichtungen. Sie ergreifen Besitz von vielen Menschen: gleich welcher Bildungsschicht diese Menschen angehören. Gleich, ob man dafür oder dagegen ist, alle benutzen diese Sprache und Worte. Es scheint mir die gleiche Wirkung wie einer ansteckenden Krankheit.
Die Giftmischer gebrauchen und durchtränken so die Welt durch die giftige Sprache, indem sie den Kontext oder die Bedeutung verändern. Die Wirkung durchdringt somit (meist unbewusst) den individuellen Raum wie in der Öffentlichkeit.
Erickson „ Sprach-Methode“
„Was sich in Sprache ausdrückt, kann nicht durch sie ausgedrückt werden“ (TLP 4.121, Wittgenstein).
Erickson verstand es, nicht durch direkte Sprachanweisungen Macht (im therapeutischen Kontext) auszuüben, sondern er nutzt die implizite Wirkung der Sprache, die den Menschen selbst veranlasst, Macht gegen sich auszuüben. Er nutzte den Effekt „Zwischen-den Zeilen-lesen“ und wusste, dass der Hörer interpretiert und die Bedeutung des Gesagten festlegt.
- „Ich habe dich ungeheuer gern.“
- „Ich habe dich –Ungeheuer gern.“
Durch veränderte Betonung, Gestik, Mimik akzentuierte Erickson verschiedene Wörter oder Satzinhalte und erreichte so unterschiedliche Bedeutung und Akzeptanzmöglichkeit beim Gegenüber.
„Es ist gut, dass Sie mich angerufen haben.“ Durch die Betonung des Wortes ‚gut‘, spricht man implizit ein Lob aus, das den weiteren Gesprächsablauf positiv beeinflussen kann. Hier wird mehr durch die Sprache ausgedrückt, als die Worte sagen. Im Optimalen erreicht man durch die Betonung beim Hörer ein gutes Gefühl.
- Wie könnte eine Gesprächseröffnung in ihrem Bereich lauten, die ein gewünschtes Gefühl implizit bei ihrem Gegenüber auslösen könnte?
Materieller Träger der Sprache
Das ist der Mensch. Er ist ein sensibles und beeinflussbares Wesen. Das liegt daran, dass der Mensch ein auf Kommunikation und Interaktion angewiesenes Wesen ist. Über das Du erst finden wir zum Ich und vermögen uns selbst zu erkennen (Martin Buber).
Spannungen sind hier vorprogrammiert. Gelingt es dem Menschen nicht, hier eine Balance zu finden, treten Störungen im psychischen Haushalt auf:, desorientierte, nichtzentrierte oder nicht-integrierte Persönlichkeiten.
Platons Regeln
Um Macht im Gespräch (Z.B: Diskurs, Diskussion, Debatte) auszuüben, seien nach Platon folgende vier Punkte nützlich:
- Sei alterozentriert
- Spreche die Emotionalität an
- Beachte die kommunikative Intention des Gegenübers
- Erkenne die Gewissheiten des Gesprächspartners
Selbstreflexion
- Welche Alternativen gibt es zu den nichtssagenden Floskeln, mit denen Gespräche normalerweise eröffnet werden?
- Halten Sie ein Gespräch für erfolgreich, das ihre Vorurteile bestätigt?
- Wie sähe eine Landkarte der Gesprächswelt des Anderen aus?
- Ist es möglich, mit einem Menschen ein Gespräch zu führend, der immer Recht hat?
- Wie könnte ein technisches Gespräch, die poetische Empfindsamkeit steigern?
- Wie könnte ich den Gesprächsraum gestalten, um die Art des Denkens und Redens zu beeinflussen?
- Welchen Einfluss hat elektrisches „Spielzeug“ auf die Unterhaltung?
- Ist es im Gespräch ergiebiger, über Vorlieben zu sprechen oder über Unterschiede?
- Gefällt es Ihnen, wenn Sie im Gespräch Ihre Meinung ändern?
(Nach Theodore Zeldin, Wie ein gutes Gespräch ihr Leben bereichert)
Verdinglichte Sprache
Menschen meinen, dass die Verdinglichung der Sprache unsere Welt vereinfacht. Doch das Gegenteil scheint wahrscheinlich. Vieles bleibt bleibt bei einer formalen Sprache seitlich liegen. Ridderstrale und Nordstroem verdeutlichen vier Weisen der Kommunikation in „Funky Business“:
- Der Verstand,
- das Gefühl,
- die Intuition,
- das Verlangen.
Kommunikationsquadrat
- Wie steht es mit der Selbstmitteilung, dem Appell oder der Beziehung der Gesprächspartner?
- Sind Sie der Meinung, dass die inhaltliche Mitteilung ausreicht?
- Fühlen Sie sich von behördlichen Anordnungen angesprochen?
- Was löst Subordination bei Ihnen aus?
Businesskommunikation
Klaus Doppler schreibt zu Emotion und Kommunikation im Business, dass Emotion der Kern der Kommunikation sei. Das Primat, sich um Sachlichkeit zu bemühen, rührt eher von der Angst des Menschen, sich nicht über die personalen Gefühle emanzipieren zu können. Der Glaube, ein Gespräch sei in der Gänze perfekt zu steuern, sei ein Aberglaube. Das Verhalten im Gespräch zu beeinflussen, geschieht nur über die Emotion.
Dennoch halte ich Doppler entgegen, dass es formale Gesprächsabläufe zum Beispiel am Gericht oder bei diplomatischen Begegnungen gibt und diese mitunter aus taktischer Erwägung sinnvoll sind.
Abschließende Fragen
- Lassen Sie Gefühle zu oder spielen Sie diese nur?
- Fördern Metaphern (metapherein= wo anders hintragen) einen Gesprächsablauf?
- Kennen Sie die sozialen Bedürfnisse, die Anerkennungs- oder Sicherheitsbedürfnisse ihrer Gesprächspartner?
ZEN-Weisheit (unbekannt)
Die Gedanken habe ich unter der Vorannahme vorgetragen, dass Menschen bestrebt sind, sich besser verstehen lernen zu wollen. Wenn Sie aber vermuten, sich selbst verstanden zu haben, und dabei die Regeln dieses Darstellung verwenden, haben Sie nichts verstanden.